Tierfiguren in den Kirchen von Bedburg-Hau

Till St. Vincentius OrgeldracheVor kurzem wurde in der Bistumshauptstadt Münster ein Institut für Theologische Zoologie gegründet. Ziele dieses Instituts sind eine wissenschaftlich fundierte theologische Würdigung des Tiere, die Schaffung einer größeren Sensibilität für das Thema „Bewahrung der Schöpfung“ und das Angebote für eine schöpfungsgemäße Spiritualität.

Tiere spielen nicht nur im Leben in der so ländlichen Gegend des Niederrheins hier, sondern sogar in der Gestaltung der alten Kirchen eine große Rolle. Besonders in der Peterskirche in Huisberden und der Vincentiuskirche in Till ist man von Tierdarstellungen umgeben. Es gibt mehrere Zugänge zum Verständnis dieser Tierdarstellungen. Einesteils handelt es sich um mittelalterliche Tier- und Fabeltierdarstellungen, deren fantastische Bedeutung den Menschen der damaligen Zeit vertraut war. Ein anderer Teil ist Ausdruck christlicher Tiersymbolik. Drittens handelt sich um die Abbildung von Tieren aus Heiligenlegenden. So können wir den dargestellten Heiligen identifizieren, sofern wir die Legende kennen.

Dieser zähnefletschende Geselle blickt zusammen mit einem zweiten Drachen, zwei fratzenschneidenden Löwen und zwei heulenden Hunden vom Orgelgehäuse auf die in der Vincentiuskirche versammelte Gemeinde herunter. Deswegegn brauchen sich die Kirchenbesucher nicht zu fürchten – im Gegenteil:

Diese dämonisch aussehenden Figürchen sollen beschützen. Der Baumeister Friedrich Freiherr von Schmidt (1825-1891) hat das Orgelgehäuse im neugotischen Stil gestaltet, als wäre die Orgel selbst ein gotisches Bauwerk. Die sechs Tierfiguren am Orgelgehäuse sind also den Wasserspeiern auf gotischen Dächern nachempfunden. Wasserspeier sollen mit ihrem dämonischen Aussehen den für die Menschen des Mittelalters realen Geistern und Dämonen einen Spiegel vorhalten, die bösen Geister auf diese Weise vergraulen und somit die Gebäude und die Menschen darin vor den finsteren Mächten beschützen.

WolfmaskaronDieser Wolf und ein Löwenkopf sehen im Vergleich zu den dämonischen Wasserspeierfiguren an der Orgel dagegen richtig zutraulich aus. Es handelt sich hier um so genannte Maskarons bzw. Fratzenköpfe. Das sind figürliche, manchmal fratzen-, oft aber scherzhafte Schmucksteine in Kopfform, die die Dienste in der Vincentius- und der Peterskirche abschließen und somit augenscheinlich das Gewölbe tragen. Beide Tierfiguren finden sich in der Sakristei von St. Vincentius. Etwas grusliger dreinblickende bärenhafte Maskarons tragen die beiden Dienste am Eingang zur Taufkapelle der Vincentiuskirche. Der Taufstein selbst zeigt keine Tiere, sondern die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft – die Wurzeln für das Werden und Vergehen der sichtbaren Welt. Eine Tierdarstellung finden wir aber auch dort, nämlich im metallenen Deckel des Taufsteins: ein Band aus Fischen als Symbol für das christliche Glaubensbekenntnis. Denn im Griechischen ergeben die Anfangsbuchstaben der Worte Iesous CHristos THeou Yios Soter (=Jesus Christus, Gottes Sohn, Retter!) das Wort ICHTHYS (=Fisch).

Till St. Vincentius Altar PelikanDer Pelikan, der sich selbst für seine Jungen opfert, ist ein Symbol für Christus, der sich für unsere Sünden hingegeben hat. Dieses Christussymbol kann man sogar in dreimaliger Ausführung bestaunen: als Holzfigur in der Sakristei sowie ganz oben im Theodorus- und Gerhardus-Glasfenster von St. Peter und als Bild am Fuße des Hochaltares von St. Vincentius.

Eine weitere Vogelfigur ist der Rabe aus der Vincentius-Legende. Man sieht ihn im Glasfenster über dem Eingangsportal der Tiller Kirche oder auf dem bestickten Patronsbanner in der Taufkapelle. Die Taube als Symbol des Heiligen Geistes finden wir in zwei Glasfensternvon St. Peter.

Der Adler, das Symbol für die geistige Kraft der heiligen Schrift und Attribut des Evangelisten Johannes, ist zusammen mit den anderen Evangelistenattributen im Deckenfresko der Sakristei von St. Peter und dem Vortragekreuz zu erkennen. Hier finden wir auch den geflügelten Löwen des Evangelisten Markus, bei dem das Tiersymbol für die Kraft der Auferstehung und Todesüberwindung steht. Wir sehen das wichtigste Opfertier des alten Testaments, den Stier des Evangelisten Lukas, der in seinem Evangelium am innigsten auf Jesu Opfertod eingeht, und die Engels-/Menschenfigur, die den Evangelisten Matthäus symbolisiert, der in seinem Evangelium das menschliche Sein Christi besonders betont.

Huisberden Kerzenhalterfuß LöweDer Löwe, der in der Bibel und der christlichen Tradition Königsmacht symbolisiert, aber auch die schützende Kraft Gottes und der zudem für die Auferstehung steht, findet sich in mehrfacher Ausführung als Füße der Kerzenhalter in St. Peter.
Blickt man in der Peterskirche im Altarraum nach oben, sieht man das Osterlamm, ein weiteres Christussymbol, als Gewölbestein in der Decke.
Einem anderen Vierbeiner begegnen wir links im Hauptaltar der Vincentiuskirche: Hier sehen wir die Heilige Genoveva, die laut der deutschen Kreuzzugslegende im Wald von einer Hirschkuh ernährt wurde, mit einer Ricke zu ihren Füßen.
In der Stephanus-Kirche darf man ein bisschen suchen, aber auch hier finden sich Tierdarstellungen. Wer die Augen offen hält, findet ein Pferd wiederum als Heiligenattribut, den Fisch als Symbol für das christliche Glaubensbekenntnis, eine Schlange als Symbol des Teufels wie im Buch Offenbarung des Johannes beschrieben und einen Hahn als Mahner zu Wachsamkeit und Treue.

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